Aufzeichnungen aus dem Kellerloch || 14

nach Fjodor M. Dostojewskij

Es ist der vorteilhafteste Vorteil, ein Vorteil, wichtiger und vorteilhafter als alle anderen Vorteile, um dessentwillen der Mensch bereit ist, wenn es darauf ankommt, sämtliche Gesetze umzustoßen. Sie aber glauben an den Kristallpalast, diesen Ort an dem das Leiden nicht zugelassen und völlig undenkbar ist. Den in alle Ewigkeit unzerstörbaren Wunschvogel. Was aber, wenn der Mensch nicht allein diese Glückseligkeit liebt? Wenn er im gleichen Maße auch das Leiden liebt? Vielleicht ist ja das Leiden für ihn ebenso vorteilhaft wie die Glückseligkeit?

Doch was kann man vom Menschen erwarten, von einem Wesen, das mit solch sonderbaren Eigenschaften ausgestattet ist? Warum zappeln wir uns ab? Warum gebärden wir uns wie toll? Warum betteln wir denn? Wofür?Wir wissen doch gar nicht mehr, was lieben und hassen, was achten und verachten! Ja, wir schämen uns sogar, Mensch zu sein.

Ich, ich habe mir Abenteuer ausgedacht und mir das Leben selbst zurechtgedichtet, um wenigstens auf irgendeine Weise zu leben und heute versuche ich mir selbst gegenüber ganz und gar aufrichtig zu sein, ohne vor der vollen Wahrheit zurückzuschrecken. Da sehe ich Lisa vor mir. Seit nun fünfzehn Jahren sehe ich ihr Gesicht vor mir, immer in derselben Stellung.

Alexeij, Kellerlochmensch

ENGLISH:

It is the most advantageous advantage, an advantage, more important and more beneficial than all other advantages, for the sake of which man is ready when it comes to overturning all laws. But you believe in the Crystal Palace, that place where suffering is not allowed and is completely unthinkable. The eternally indestructible wish-bird. But what if man does not love this bliss alone? What if he loves suffering to the same degree? Perhaps suffering is as beneficial to him as bliss?

But what can one expect from man, from a being endowed with such strange qualities? Why do we fidget about? Why do we behave like mad? Why do we beg? For what? We no longer know what to love and hate, what to respect and despise! We are even ashamed of being human.

I, I have thought up adventures and made up my own life to live at least in some way, and today I try to be completely honest with myself, without shying away from the full truth. There I see Lisa. For fifteen years now I have been seeing her face before me, always in the same position.

Alexeij, Cellarholeperson

 

Premiere August 2014 | Kavernen 1595 Salzburg

mit: Benjamin Blaikner | Lili Epply

Bühnenadaption (nach einer Übersetzung von Swetlana Geier/ Fischer Verlag) | Regie Barbara Wolfram  ||  Bühne | Kostüm  Thilo Ullrich, unterstützt von ROEE || Licht | Rafael Gütl || Organisation | Sarah Kiparski 

90 Min | Deutsch | German

gefördert von Stadt & Land Salzburg, Kunsthilfe Salzburg